Wer suchet, der nichts findet
Das Grauen hat einen Namen: Demenz
Bei meiner Mutter könnte man den Spruch Das schöne an Alzheimer ist, daß man jeden Tag neue Leute kennen lernt. anwenden. Sie ist 80 und steckt mitten in der Demenz.
Ich kann nicht zählen, wie oft sie mich nach den Namen meiner Kinder gefragt hat und ob der Große schon in die Schule gehen würde. Eine ihrer Enkelinnen hat sie garnicht erkannt.
Jedesmal, wenn jemand den Raum verlassen hat, kam irgendwann die Frage: Kommt die - beliebigen Namen einsetzen - auch? und war dann ganz erstaunt, wenn ich sie darüber aufgeklärt habe, daß - beliebigen Namen einsetzen - seit gestern Abend da sei und nur kurz aufs Klo ist.
Meine Mutter hat mit den Jahren eine Paranoia entwickelt. Sie glaubt immer, daß jemand - insbesondere mein Vater - sie bestehlen würde. Sie ist so darauf fixiert, daß sie immer und überall ihren Geldbeutel dabei hat und ständig dessen Vorhandensein überprüft. Kurz, sie ist ständig in ihrer Handtasche am Kramen. Da sie aber die Handtasche in einer Umhängetasche mit sich rumschleift und die Handtasche mit kleinen Zettelchen (Rezepte, Totenbildchen etc.) vollgestopft ist, findet sie natürlich nichts. So beschuldigt sie immer irgendwen sie bestohlen zu haben. Und oh weh, man widerspricht ihr, dann wird sie agressiv.
Diese Erkrankung ist grausam. Man steht daneben und kann nichts tun. Bei Kindern weiß man, daß sie irgendwann verstehen, was man sagt, bei Demenzkranken weiß man, daß sie irgendwann garnicht mehr verstehen, was man sagt. Ich bin froh, daß sie uns Kinder noch erkennt auch wenn es mit den Enkeln schon schwierig wird. Da fehlen die Namen und sie kann die einzelnen Kinder auch nicht mehr den jeweiligen Eltern zuordnen.
Ich habe das Gefühl, daß die Erkrankung immer schneller fortschreitet. Sie verliert zunehmend den Überblick, was sie grade macht oder grade getan hat. So räumt sie beispielsweise ihre Kleider vom Stuhl an die Gaderobe, dann an den Schrank und wieder zurück auf den Stuhl und beschwert sich, man würde ihre Sachen wegwerfen. Sie hätte nichts mehr anzuziehen. Die Garderobe in der Küche ist so voll, daß kein Bügel mehr drauf paßt, das gleiche gilt für die Garderobe im Flur. Sie findet nichts mehr, was mich aber auch nicht verwundert. Da würde ich auch nichts mehr finden.
Das gleiche gilt für Papiere. Der Rentenbescheid ist nicht aufzufinden und der Fahrzeugbrief von Papa auch nicht. Überall steht nutzloses Zeug rum, das aber nicht weggeworfen werden darf. In der Küche ist alles vollgestopft mit Konservenbüchsen. Mein Bruder geht jede Woche mit ihr kaufen und doch behauptet sie, sie könne ja nicht wie wir, jeden Tag kaufen gehen. So müsse sie Vorräte im Haus haben. Mit diesen Vorräten kann man aber eine ganze Kompanie verpflegen. Zucker hat sie mindestens 15 kg überall in den Schränken verteilt. Dafür fehlen andere Sachen. Ich habe am Samstag Spülmaschinentabs kaufen müssen, weil keine mehr da waren. Die Spülmaschine wurde nicht benutzt, weil der Besteckkorb fehlte. Diesen zog meine Schwester dann aus irgendeiner Ecke hervor. Drin ein Margarinendosendeckel. Auch sowas. Überall werden Plastikdosen mit Deckel gehortet. Und gespülte Konservendosen. Meist steckt in der Dose noch mindestens eine Dose und ein Plastiktütchen und ein Gummi. Und überall findet man versteckte Rotweinflaschen. Voll versteht sich. Damit der Vater nicht ran kommt werden sie an den unmöglichsten Orten versteckt. Im Backofen, in der Spülmaschine, im Wandschrank hinter Konservendosen, zwischen der Bettwäsche. Sie selbst trinkt kaum Alkohol. Mal ein Gläschen Wein vielleicht oder mal ein Bier, wenn Besuch da ist aber mehr nicht.
Ich könnte so noch stundenlang weiter schreiben aber ich hab hier noch was anderes zu tun.
So schön das Wochenende war, ich bin froh wieder zu Hause zu sein. Hier ist es noch nicht so schlimm auch wenn mein Schwiegervater langsam aber sicher auch in diese Richtung tendiert.
Socki
Bei meiner Mutter könnte man den Spruch Das schöne an Alzheimer ist, daß man jeden Tag neue Leute kennen lernt. anwenden. Sie ist 80 und steckt mitten in der Demenz.
Ich kann nicht zählen, wie oft sie mich nach den Namen meiner Kinder gefragt hat und ob der Große schon in die Schule gehen würde. Eine ihrer Enkelinnen hat sie garnicht erkannt.
Jedesmal, wenn jemand den Raum verlassen hat, kam irgendwann die Frage: Kommt die - beliebigen Namen einsetzen - auch? und war dann ganz erstaunt, wenn ich sie darüber aufgeklärt habe, daß - beliebigen Namen einsetzen - seit gestern Abend da sei und nur kurz aufs Klo ist.
Meine Mutter hat mit den Jahren eine Paranoia entwickelt. Sie glaubt immer, daß jemand - insbesondere mein Vater - sie bestehlen würde. Sie ist so darauf fixiert, daß sie immer und überall ihren Geldbeutel dabei hat und ständig dessen Vorhandensein überprüft. Kurz, sie ist ständig in ihrer Handtasche am Kramen. Da sie aber die Handtasche in einer Umhängetasche mit sich rumschleift und die Handtasche mit kleinen Zettelchen (Rezepte, Totenbildchen etc.) vollgestopft ist, findet sie natürlich nichts. So beschuldigt sie immer irgendwen sie bestohlen zu haben. Und oh weh, man widerspricht ihr, dann wird sie agressiv.
Diese Erkrankung ist grausam. Man steht daneben und kann nichts tun. Bei Kindern weiß man, daß sie irgendwann verstehen, was man sagt, bei Demenzkranken weiß man, daß sie irgendwann garnicht mehr verstehen, was man sagt. Ich bin froh, daß sie uns Kinder noch erkennt auch wenn es mit den Enkeln schon schwierig wird. Da fehlen die Namen und sie kann die einzelnen Kinder auch nicht mehr den jeweiligen Eltern zuordnen.
Ich habe das Gefühl, daß die Erkrankung immer schneller fortschreitet. Sie verliert zunehmend den Überblick, was sie grade macht oder grade getan hat. So räumt sie beispielsweise ihre Kleider vom Stuhl an die Gaderobe, dann an den Schrank und wieder zurück auf den Stuhl und beschwert sich, man würde ihre Sachen wegwerfen. Sie hätte nichts mehr anzuziehen. Die Garderobe in der Küche ist so voll, daß kein Bügel mehr drauf paßt, das gleiche gilt für die Garderobe im Flur. Sie findet nichts mehr, was mich aber auch nicht verwundert. Da würde ich auch nichts mehr finden.
Das gleiche gilt für Papiere. Der Rentenbescheid ist nicht aufzufinden und der Fahrzeugbrief von Papa auch nicht. Überall steht nutzloses Zeug rum, das aber nicht weggeworfen werden darf. In der Küche ist alles vollgestopft mit Konservenbüchsen. Mein Bruder geht jede Woche mit ihr kaufen und doch behauptet sie, sie könne ja nicht wie wir, jeden Tag kaufen gehen. So müsse sie Vorräte im Haus haben. Mit diesen Vorräten kann man aber eine ganze Kompanie verpflegen. Zucker hat sie mindestens 15 kg überall in den Schränken verteilt. Dafür fehlen andere Sachen. Ich habe am Samstag Spülmaschinentabs kaufen müssen, weil keine mehr da waren. Die Spülmaschine wurde nicht benutzt, weil der Besteckkorb fehlte. Diesen zog meine Schwester dann aus irgendeiner Ecke hervor. Drin ein Margarinendosendeckel. Auch sowas. Überall werden Plastikdosen mit Deckel gehortet. Und gespülte Konservendosen. Meist steckt in der Dose noch mindestens eine Dose und ein Plastiktütchen und ein Gummi. Und überall findet man versteckte Rotweinflaschen. Voll versteht sich. Damit der Vater nicht ran kommt werden sie an den unmöglichsten Orten versteckt. Im Backofen, in der Spülmaschine, im Wandschrank hinter Konservendosen, zwischen der Bettwäsche. Sie selbst trinkt kaum Alkohol. Mal ein Gläschen Wein vielleicht oder mal ein Bier, wenn Besuch da ist aber mehr nicht.
Ich könnte so noch stundenlang weiter schreiben aber ich hab hier noch was anderes zu tun.
So schön das Wochenende war, ich bin froh wieder zu Hause zu sein. Hier ist es noch nicht so schlimm auch wenn mein Schwiegervater langsam aber sicher auch in diese Richtung tendiert.
Socki
socki - 10. Mär, 15:55
Schwierig als Tochter bzw. Angehöriger damit umzugehen......